Montag, 16. Februar 2015

The Situation Room

a walkable closed circuit video-installation / Franz Reimer / 2013 

 
Unser Kunstseminar Erinnern und Vergessen unter der Leitung von Ruppe Koselleck hat am 14.05.2014 die Kunstausstellung We, the enemy in der Kunsthalle Osnabrück besucht. Unsere Aufgabe bestand darin, ein Kunstwerk auszusuchen und mit unserer im Seminar behandelten Thematik "Denkmäler in und um Osnabrück" in Verbindung zu bringen. Wir sollten folgende Frage versuchen zu beantworten: Inwiefern kann ein Kunstwerk gleichzeitig Denkmal sein?
 
Nach der ersten Begehung der Ausstellung ist Anna und mir die Video-Installation "The Situation Room"  von Franz Reimer besonders aufgefallen. Hierbei handelt es sich um eine Rekonstruktion des Sitrooms im Weißen Haus der USA, dem Hauptzentrum für verschlüsselte Kommunikation. Wir als Betrachter können aktiv als Statisten die Kulisse betreten, am Tisch Platz nehmen und die Situation des 1.Mais 2011 nachempfinden. Das Originalfoto, auf welche sich die Video-Installation bezieht, entstand während der Tötung Osama bin Ladens. Aufgenommen wurde es von Pete Souza, dem Fotografen des Weißen Hauses.
 
Wir haben die Situation des Situation Rooms mit einigen Seminarteilnehmer/innen nachgestellt (Mit Genehmigung des Künstlers veröffentlicht).
 
 
Durch das Betreten der Kulisse kann man in die Rolle der Politiker schlüpfen und bin Ladens Hinrichtung auf dem Bildschirm nachempfinden. Die Kamera zeigt jedoch nicht den richtigen Tathergang sondern ist direkt auf die Kulisse gerichtet, sodass man sich selbst betrachten kann und Teil des Kunstwerks wird.
Für uns war sofort klar, dass diese Inszenierung eine Art von Denkmal ist. Ein Denkmal, dass die USA selbst von sich geschaffen hat. Das Foto zeigt zwar nicht direkt die Tötung, sondern "nur" die Reaktionen der im Raum Anwesenden. Durch die Verbreitung dieses Bildes will die USA beweisen, dass Osama bin Laden wirklich tot ist. Interessant zu beobachten sind die Gesichtsausdrücke der Politiker…
 
Besonders auffällig ist, dass alle männlichen Anwesenden kaum Veränderungen in ihrer Mimik aufzeigen, höchstens etwas angespannt aussehen, während die einzige weibliche Person im Raum, Hillary Clinton, ihre Hand erschrocken vor den Mund hält.
Sie könnte daher als ein eigenständiges feministisches Denkmal im Denkmal selbst verstanden werden, da sie als Einzige deutliche Emotionen zeigt, während die Tötung betrachtet wird.
Interessant ist auch die Frage, welche Rolle Obama in diesem Bild spielt. Er scheint leicht abseits am Tisch neben dem Brigadier General Marshall B. Webb zu sitzen, der relativ entspannt etwas in sein Notebook tippt und einen in diesem Moment wichtigeren Posten eingenommen hat als Obama selbst.
Es ist erschreckend zu sehen, wie karg die Emotionen der Anwesenden ausfallen, wenn man bedenkt, dass es sich bei bin Ladens Tötung um eine illegale Tat handelt, denn: "all men are created equal".
 
Alle Menschen sind gleich und haben die gleichen Rechte. Wie kann also nun die USA diese illegale Tötung rechtfertigen? Es handelt sich hier um einen Racheakt, hinter der fast die ganze Bevölkerung steht. Zudem will die USA der ganzen Welt beweisen, dass sie die mächtigste Nation der Welt ist. Außerdem wird Osama bin Ladens Leiche nie gezeigt und er dadurch ein "Unsichtbarer Toter" bleibt. Die Illegalität dieser Handlung wird also schneller verdrängt.

Durch die mediale Aufarbeitung und Veröffentlichung könnte man sogar von einem Verfassungsdenkmal sprechen.

Alles in allem bleibt die Frage, ob es sich schon bei dem Foto von Souza um Realität oder eine Inszenierung handelt, wovon auszugehen ist. Dann wäre Reimers Video-Installation eine Inszenierung der Inszenierung.
 

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